Golf/Focus/Ceed: Kombi-Vergleichstest

Im Vergleichstest der kompakten Lademeister muss sich der aufgefrischte Ford Focus Turnier gegen die bewährten Kombi-Talente Kia Ceed Sportswagon und VW Golf Variant verteidigen.

Die frische Brise kommt aus Köln und tritt im Vergleichstest gegen den VW Golf Variant und Kia Ceed Sportswagon an – denn diesmal zeigt sich der Ford Focus Turnier überarbeitet. Zur Modellpflege zählen feine Details wie die nun serienmäßigen LED-Scheinwerfer an der überarbeiteten Front. Höchste Zeit war es zudem, sich des alten und etwas fummeligen Infotainment-Systems zu entledigen. In jedem Focus fährt ab sofort das neue Ford Sync 4-System mit, das im Mustang Mach E sein Debüt feierte, dort allerdings mit vertikal ausgerichteten Zentraldisplay. Was sich hingegen nicht verändert hat, ist die Tatsache, dass der VW Golf Variant und der Kia Ceed Sportswagon weiterhin zwei starke Gegenspieler für den Ford Focus Turnier sind. Gegen die 150 PS (110 kW, VW) und 160 PS (118 kW) starken Benziner-Kombis muss sich der Focus im Vergleichstest mit seinem 155 PS (114 kW) starken Mild-Hybrid-Dreizylinder behaupten.

VW GOLF VARIANT, FORD FOCUS TURNIER & KIA CEED SPORTSWAGON IM VERGLEICHSTEST

Mit Längen von rund 4,60 Meter bieten alle drei Kombis im Vergleichstest gute Platzverhältnisse, können in Anbetracht ihrer ordentlichen Raumausbeute sogar mit einigen Vertretern der Mittelklasse mithalten. Eine kleine Einschränkung ergibt sich allerdings beim immerhin 4,67 Meter langen Ford Focus Turnier. Weil der Testwagen mit dem 1200 Euro teuren Panoramaschiebedach ausgerüstet ist, stimmt zwar das Raumgefühl, die Kopffreiheit vorn und hinten allerdings ist leicht eingeschränkt. Die Betonung liegt auf leicht, doch der Unterschied zu den schiebedachlosen Kia Ceed Sportswagon und VW Golf Variant ist durchaus spürbar. Kein Sorgen um die Beine muss man sich im Fond des Turnier machen, denn das Maßband bestätigt: Zwischen Knie und Vordersitz bleibt im Ford am meisten Platz. Ähnliche Verhältnisse herrschen im Golf, nur der Kia wirkt auf allen Plätzen etwas beengter. Das gilt nicht für den Kofferraum, zumal der Koreaner laut Datenblatt das größte maximale Ladevolumen im Vergleichstest zu bieten hat. Die Unterschiede von ein paar Litern fallen allerdings kaum ins Gewicht. Dafür begeistert der Ceed mit einem Schienen-Trenn-System (Serie ab der Ausstattungslinie Spirit), das weder Golf noch Focus zu bieten haben.

KAROSSERIE: VW GOLF VARIANT MIT DURCHDACHTEM KOFFERRAUM

Gut gelöst bei allen drei Kombis aus diesem Vergleichstest sind die Aufnahmen für die Trennnetze im doppelten Ladeboden. Von denen hat der Ford Focus Turnier gleich zwei zu bieten. Allerdings missfallen die dort lose eingelegten Matten ebenso wie auch die Materialqualität der Teppiche, die in einem Kombi meist einiges auszuhalten haben. Auch im Ceed-Kofferraum wünscht man sich festere Fasern – so wie etwa im Golf. Der begeistert zudem mit durchdachten Lösungen wie dem in die Heckklappen-Verkleidung eingeclippten Warndreieck und der ordentlichen Führung für die Gurte der äußeren hinteren Plätze. Bei Ceed und Focus kommen die Gurte beim Zurückstellen der umgelegten Rückbanklehne ins Gehege mit den Verriegelungszapfen – nervig bei häufigem Gebrauch der großen Ladefläche. Übrigens öffnen bei allen drei Kombis die Heckklappen auf Wunsch elektrisch und per Geste. Das kostet beim Turnier je nach Ausstattungslinie 500 oder 750 Euro, erfordert beim Sportswagon mindestens die Linie Spirit sowie eines der Technologie-Pakete (ab 1490 Euro). Und beim VW Golf Variant muss es die Ausstattungslinie Style oder R-Line sein. Dann kommen nochmals 520 Euro hinzu. Obacht vor der großen Urlaubsfahrt: Im Kia Ceed Sportswagon kann es mit einer ermittelten Zuladung von 444 Kilo knapp werden für Sack und Pack. Variant und Turnier schultern 85 respektive 100 Kilogramm mehr. Und weil der günstige Kia sicherheitstechnisch in der Basis etwas karg ausgestattet ist, ziehen Ford und VW im Karosserie-Kapitel des Vergleichstests davon

FAHRKOMFORT: FORD FOCUS TURNIER MIT KOMFORTABLER ABSTIMMUNG

Klare Rollenverteilung im Vergleichstest: Den Ford Focus Turnier schickte man uns als ziemlich soft abgestimmten Titanium mit 17-Zoll-Bereifung. Der Kia Ceed Sportswagon hingegen stellt als GT Line sein dynamisches Können in den Vordergrund. Dazu steht der Kia (wie auch der VW) auf optionaler 18-Zoll-Bereifung inklusive Niederquerschnittsreifen. Und auch der VW Golf Variant ist als R-Line durchaus dynamisch ausgerichtet, zeigt sich mit seinem vielseitigen DCC-Fahrwerk (1045 Euro) erfahrungsgemäß aber kompromissbereiter. Die sportliche Note macht sich vor allem im koreanischen Kombi schnell bemerkbar. Im Gegensatz zum VW verfügt der Ceed auch optional nicht über wählbare Dämpfer-Setups. Gröbere Unebenheiten verarbeitet der Kia relativ spröde, harte Querfugen bringen die Karosserie schon mal ins Zittern. Der Focus Turnier wirkt auf den gleichen Strecken deutlich geschmeidiger und nimmt alles ziemlich entspannt, was ihm an Unebenheiten unter die Räder kommt. Und der grundsätzlich straffere Golf Variant bietet in der Individual-Einstellung seiner variablen Dämpfer ganze 15 verschiedene Härtegrade an. In der weichsten wogen Variant und Turnier um die Wette. Solider wirkt dabei allerdings die Karosserie des Golf, die auch bei herben Stößen nicht aus der Fassung gerät. Grundsätzlich gelassen bleibt aber auch der sanfte Kölner, sogar im beladenen Zustand. Allerdings sind die Reserven seiner Federwege mit Beladung im Vergleichstest am schnellsten aufgebraucht. Im Kia Ceed Sportswagon nimmt das Gewicht dem Fahrwerk dagegen etwas von der Härte. Hochstehende Kanaldeckel etwa werden durch die zusätzliche Last spürbar entschärft. Allerdings wippt die Karosserie auf holperigen Landstraßenstücken am stärksten nach, während der vollbeladene Variant Querfugen nun über die Hinterachse deutlicherer als im leeren Zustand kommuniziert. Gefällig zeigt sich der Ford Focus Turnier auch hinsichtlich der Akustik. Feinfühlige Typen spüren die Vibrationen des Dreizylinders. Doch das nur 1,0 Liter große Turbo-Triebwerk ist hervorragend gedämmt und vergreift sich unter Volllast und bei maximaler Drehzahl nie im Ton. Da dringen die rauen Töne des 1,5-Liter-TSI im VW Golf Variant zuweilen deutlicher an die Ohren. Auch die betont sportlich gestalteten Sitze in Ceed und Golf sind voll reisetauglich: Die straffen Polster mit zupackenden Flanken sorgen nicht nur für ausreichend Seitenhalt, sondern auch für ordentlichen Reisekomfort. Im Focus fehlt es den weich unterschäumten Standardsitzen dagegen an stützender Kontur. 

MOTOR/GETRIEBE: GOLF, FOCUS & CEED ZEIGEN ÄHNLICHE SPURTWERTE

Bis zu 16 PS (12 kW) und 24 Newtonmeter steuert der Riemen-Starter-Generator des EcoBoost-Hybrid-Triebwerks im Ford Focus Turnier 1.0 EcoBoost Hybrid bei. Das macht sich nicht nur subjektiv bemerkbar. Wenige Zehntel schneller als der VW Golf Variant 1.5 TSI und auch der etwas stärkere Kia Ceed Sportswagon 1.5 T-GDI spurtet der Kölner auf Tempo 100. Obendrein kaschiert die Sieben-Stufen-Automatik das zuweilen etwas träge Ansprechverhalten des Dreizylinders. Eigentlich soll die 48-Volt-Technik mit dem Zehn-Amperestunden-Akku unter dem Beifahrersitz besonders sparsam sein. Im Vergleich zum Ceed und Golf kann der Focus allerdings keinen Vorteil herausfahren, im Gegenteil. Im Alltag merkt man dafür permanent, wie das System bei Gaslupfern in den Rekuperationsmodus geht und mit spürbar mehr Schleppmoment verzögert. Das ist vor allem beim direkten Umstieg aus den anderen Kandidaten im Vergleichstest etwas gewöhnungsbedürftig. Ungewöhnlich: Abgesehen von der altmodischen Low-Stellung in der Automatik-Gasse (das Getriebe schaltet dabei erst bei rund 5000 Touren in die nächsthöhere Stufe) kann man keinen Einfluss auf das Schaltverhalten des Ford Focus Turnier 1.0 EcoBoost Hybrid nehmen, einen manuellen Modus inklusive Schaltwippen am Lenkrad gibt es nur für die ST-Linien. Das Doppelkupplungsgetriebe im Kia Ceed Sportswagon 1.5 T-GDI dagegen lässt sich zwar manuell bedienen, doch der Wechsel der Gänge geschieht zu verzögert. Schon beim Anfahren wundert man sich über das verhaltene Einkuppeln der Schaltautomatik. Und bei forcierter Gangart lässt einen das Getriebe schnell merken, dass die Elektronik das letzte Wort hat. Einfach und unkompliziert ist dagegen das bewährte manuelle Sechsgang-Getriebe des VW Golf Variant 1.5 TSI, das mit leichter Schaltbarkeit und guten Anschlüssen punktet. Subjektiv fühlt sich der TSI des VW zwar weniger temperamentvoll an als der freudvoll hochdrehende 1.5 TGDi des Kia, tatsächlich liegen die Spurtwerte aller drei Kombis des Vergleichstests aber auf gleichem Niveau.

FAHRDYNAMIK: KIA CEED SPORTSWAGON TUT SICH HERVOR

Doch sobald Kurven ins Spiel kommen, kann sich der Kia distanzieren. Mit wenig Seitenneigung und reichlich Traktion drückt sich der straff liegende Kombi aus Korea aus den Kurven des Handling-Kurses. Dazu liefern seine effektiven Bremsen hervorragende Werte ab. Bei den zehn Vollbremsungen, die wir zur Ermittlung des Warmbremswertes durchführen, stand der Ceed teilweise schon nach weniger als 32 Metern. Da kann auch der VW Golf Variant mit seiner optionalen Sportbereifung nicht mithalten. Allerdings gefällt der Volkswagen im Fahrdynamik-Kapitel mit seiner direkteren Lenkung, die im Vergleichstest am wenigsten synthetisch wirkt. Und aufgrund seines ausgewogenen Fahrwerks hat man am Steuer des Golf auch in brenzligen Situationen jederzeit das Gefühl, Herr der Lage zu sein. Der Ford Focus Turnier verliert aufgrund seiner im Vergleich schlechteren Bremswerte reichlich Punkte. Mit deutlichem Abstand zum Ford entscheidet der Kia Ceed Sportswagon das Fahrdynamik-Kapitel für sich.

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