TEST: HONDA E

Kleiner Superheld für größere Ballungsräume: Hondas elektrischer Herzensbrecher gibt dem Stadtverkehr die Leichtigkeit zurück. Sein Innenraum ist ein Wohnzimmer und die kleine Batterie ein bewusst ökologischer Ansatz. Was der Spezialist besonders gut kann und wo er passen muss, erklärt der Test.

Brauchen wir mehr Spezialisten?

Das ist der Ansatz von Honda. Die Japaner konzentrieren sich bei ihrem ersten Elektroauto auf Ballungsräume und ein wirklich nachhaltiges Konzept. Fahrzeug und Akku werden bewusst klein gehalten, schließlich brauchen Batterien seltene Rohstoffe und grüner Strom ist ein knappes Gut. Der Honda e erinnert daran, dass ein Elektroauto kein emissionsloser Selbstzweck ist: Wer die Reichweite nicht braucht, sollte der Umwelt zuliebe auf eine große Batterie verzichten, und auf ein großes Auto auch.

Die Adaption eines bestehenden Kleinwagens auf Elektroantrieb, wie von einigen Konkurrenten praktiziert, kam für die technikorientierten Japaner dabei nicht in Frage. Der Honda e wurde von Grund auf neu konzipiert und auf die elektrische Ära ausgerichtet. Für konsequente Projekte ist Honda bekannt.

Das Design als Herzensbrecher?

So viele freundliche Gesichter begegnen einem in der Stadt wirklich selten. Wir wurden aus den Nachbarautos und vom Zebrastreifen aus angelächelt, sogar der Fahrer des riesigen Mercedes-SUV schien fasziniert und verpasste durch sein ausgiebiges Kleinwagen-Studium den Start der Grünphase.

Zur derzeit wahrscheinlich sympathischsten Erscheinung der Autobranche macht den Honda e die Mischung aus minimalistischem Design und sportiven Proportionen. Ein gewisser Retro-Touch kommt von den schwarzen Kunststoffeinlagen und den auf beiden Seiten nahezu identen Rundlichtern. Futuristische Aerodynamik-Kniffe sind die versenkbaren Türgriffe, die statt den Außenspiegeln eingesetzten Kameras und die insgesamt geglättete Karosserie.

Noch ein bisschen cooler als sonst ist der Honda e natürlich in der getesteten Limited-Edition-Variante (auf Basis der hochwertigen Advance-Ausstattung), die eine rote Premiumlackierung mit feschen schwarzen Felgen kombiniert.

Ist der Innenraum einladend?

Honda bittet in ein kleines Wohnzimmer, dessen Gemütlichkeit und Stil erstaunlich sind. Sitze und Türen wurden mit grauen Stoffen tapeziert, die auch einer italienischen Designercouch gut stehen würden. Kombiniert werden großzügige Holzeinlagen, aber der modernen Art, und fesche Details wie braune Gurte, eine Stofftasche für das Handy und ein Becherhalter mit Ledergriff. Die Materialqualität hat Premiumniveau (auf dem sich das Auto ja auch preislich bewegt). Ergibt alles zusammen eine wohlig-warme und schicke Atmosphäre.

Das Raumgefühl ist luftig, weil die Mittelkonsole reduziert wurde und die Fensterflächen relativ groß sind. Nachgiebige, aber nicht zu weiche, Sitze erhöhen den Komfort. Dank der kompakten Elektrotechnik ist das Platzangebot für ein 3,90-Meter-Auto erstaunlich. Solange man kein Riese ist, zwickt vorne nichts. Hinten kommen Erwachsene zumindest für Stadtfahrten gut unter. Der 171-Liter-Kofferraum nimmt die alltäglichen Einkäufe auf und lässt sich durch Umklappen der Fondlehnen erweitern, die daraus resultierende Ladefläche ist eben.

Wie wirkt sich die High-Tech-Offensive aus?

Fahrer und Beifahrer sitzen vor einer Bildschirm-Leiste, die sich über die gesamte Innenraumbreite erstreckt und in fünf Bereiche teilt.

Jeweils ganz außen sind die „Außenspiegel“-Screens, zwei Kameras ersetzen die herkömmlichen Spiegel und übertragen ihre Aufzeichnungen in das Innere des Fahrzeugs. Ein bisschen Zeit muss man sich für die Umstellung geben, bald fällt einem das neue System aber gar nicht mehr auf. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.

Der Fahrer hat ein digitales Informationsdisplay vor sich, in den zwei Bereichen daneben wird das Multimediasystem gespiegelt, um es Fahrer und Beifahrer getrennt voneinander zur Verfügung zu stellen. Durch Tippen und Wischen können die Inhalte auch zwischen den Bildschirm-Einheiten verschoben werden. Man muss keineswegs ein Nerd sein, um damit zurechtzukommen. Übersicht und Benutzerfreundlichkeit sind sogar deutlich besser als bei anderen, herkömmlichen Multimedialösungen. Apple CarPlay verbindet kabellos, Android Auto muss angesteckt werden, das Kabel lässt sich aber gut verstecken. Kleinigkeiten mit großer Auswirkung auf den Alltag sind die vielen Anschlussmöglichkeiten, inklusive HDMI und sogar einer 230V-Steckdose für schnelles Laptop- oder Handyladen. Soviel Praxisbezug ist nicht nur im Kleinwagenbereich eine Seltenheit.

Wer zwischendurch auf Abstand von der Technik gehen möchte, kann sich auf den Bildschirmen großflächige Naturszenarien aufrufen – was nicht einmal eine Spielerei ist, sondern das Ambiente wirklich verändert. Bambuswald und Kirschblüte sind unsere Favoriten, die Unterwasserwelt mit schwimmenden Goldfischen ist aber auch nicht zu verachten.

Internet-basierte Dienste kosten extra – was können Sie?

Der „Honda Personal Assistant“ (49 Euro pro Jahr) ist ein Tool, das wie Google für Autofahrer funktioniert und mit der bisherigen Form der Sprachsteuerung über Standard-Befehle nichts mehr zu tun hat. Statt Phrasen versteht der Assistent normale Wünsche aus dem Alltag. Man spricht zum Beispiel aus, was man tun oder wissen will („Ich will nach Graz/Ins Freibad/Zur Apotheke…“) und bekommt – meistens – eine sinnvolle Reaktion mit entsprechendem Navigationsziel.

Der „Honda Digital Key“ (59 Euro pro Jahr) ermöglicht dem Besitzer, sein Fahrzeug mit bis zu fünf festgelegten Personen zu teilen. Schlüsselloses Carsharing wird also innerhalb von Familien, Firmen oder Wohngemeinschaften möglich. Theoretisch könnte man einem Freund zuhause das Auto leihen, während man selbst im Urlaub ist.

Kostenlos für den Erstbesitzer ist die „My Honda+“ Smartphone­-App, sie hilft speziell beim Laden, umfasst aber auch Funktionen wie externe Routenplanung oder neue Sicherheitsfeatures – beispielsweise wird eine Warnung abgesetzt, wenn das Fahrzeug eine definierte Zone verlässt.

Wie fährt sich der erste elektrische Honda?

Er ist er König der Stadt, ein kleiner Superheld für größere Ballungsräume. Der Honda e gibt dem Stadtverkehr jene Leichtigkeit zurück, die durch immer größere Autos verloren geht.

Sein ganz spezielles City-Vorteilspaket enthält selten gewordene Tugenden: 3,90 Meter Länge, nur 1,75 Meter Breite inklusive (!) „Außenspiegel“, minimaler Wendekreis, gute Übersicht. Man freut sich auf das Parken, unglaublich. Unterwegs werden Spurwechsel zum Kinderspiel, und mit dem spontan ansprechenden 154-PS-Elektromotor gewinnt der Kleine jeden Ampelstart. Diese urbane Sportlichkeit ist echt ansteckend, plötzlich macht Stadtverkehr wieder Spaß. Der Umstieg ist dann freilich hart, ein Kompakt-SUV wirkt im Vergleich wie ein LKW.

Die Leichtfüßigkeit wird nicht durch Komfortverlust erkauft, da haben Elektroautos konzeptionelle Vorteile: Der Elektromotor ist vibrations- und lautlos. Der tiefe Schwerpunkt macht nervige Härte obsolet. Auch die Lenkung ist lockerleicht und wohltuend komfortabel.

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