Range Rover im ADAC Test: Der sanfte Riese

Der Range Rover gilt als Ikone unter den Geländewagen und steht nun in der fünften Generation bei den Händlern. In einem Range schwebt man über den Dingen: Doch passt der schwere Luxusliner noch in die Zeit? ADAC Test, Daten, Bilder, Preise

125.900 Euro. Wer jetzt den Taschenrechner bemühen will: Für diese Summe bekommt man elf Dacia Sandero – oder eben einen Range Rover. Und das ist nur der Basispreis. Die Topversion des aktuellen Range Rover mit 530 PS starkem V8 unter der Haube und der besten Ausstattung kostet satte 206.600 Euro. Wo der Otto-Normalverdiener jetzt blass um die Nase wird, dem sei gesagt: Für die Zielgruppe des Luxus-Geländewagens – sag niemals SUV zu ihm! – ist der Preis nebensächlich.

Laut Land Rover-Marketing-Chef Christian Löer stünden bei den Kunden ohnehin schon mehrere Luxusautos in der Garage und nicht selten auch ein Range Rover. „Der Range Rover hat keine Konkurrenz“, so Löer, schließlich hätte er Tradition und sei schon seit fünf Generationen eine Ikone unter den Allradautos. Fraglos können Autos im selben Segment wie BMW X7 oder Mercedes GLS nicht auf 50 Jahre Geschichte zurückblicken, am ehesten noch die Mercedes G-Klasse.

Der Range Rover ist bis zu 5,25 Meter lang

Repräsentativ ist der Range Rover der fünften Generation allemal: Der Engländer strahlt eine unglaubliche Präsenz aus. Was vor allem an seiner immensen Größe liegt. Die Haube türmt sich auf wie ein Berg, 5,05 Meter Länge (die Version mit langem Radstand kommt auf 5,25 Meter), 1,87 Meter Höhe und 2,21 Meter Breite (mit Spiegeln) sind beeindruckende Maße. Und weil ein Range der Markentradition verpflichtet ist, muss er auch geländetauglich sein. Entsprechend groß ist die Bodenfreiheit (22 bis 30 cm, elektronisch höhenverstellbar), entsprechend hoch der Einstieg.

Hat man den Fahrersitz erklommen, blickt man auf einen fein gemachten und nach Leder duftenden Innenraum, die Verarbeitung ist exzellent und das Arrangement von Schaltern, Tasten und Bildschirmen darf als gelungen gelten. Auf Effekthascherei verzichten die Engländer, eine gute Bedienbarkeit steht mit großen Touchflächen und leicht ablesbaren, digitalen Skalen stattdessen im Vordergrund. Die üblichen Funktionen des Alltags lassen sich jedenfalls leicht bedienen. Allerdings sind nicht alle Tasten und Knöpfe dort, wo man sie gewöhnlich sucht; beispielsweise befindet sich der Lautstärkenregler neben dem Getriebewählhebel.

Luxus auch im Fond des Range Rover

Auch die Fondinsassen dürften sich im Range wohlfühlen. Sie können via Tablet in der Mittelarmlehne ihre Sitze verstellen oder sich massieren lassen, für ein bequemes Nickerchen die Lehnen elektrisch nach hinten oder ein Fach für die Becherhalter in der Mittelarmlehne elektrisch aufsurren lassen. Letzteres wirkt zwar ein wenig drüber, doch ein Elektromotor mehr oder weniger schlägt bei 2,7 Tonnen Leergewicht auch nicht mehr groß ins Kontor. Und wer nachts nicht gern nach der Gurtschließe fummelt, dürfte sich über deren Beleuchtung durchaus freuen.

Sieben Sitze in der Langversion

Erstaunlich ist aber, dass die Versionen mit Panoramadach nicht wirklich mit allzu üppiger Kopffreiheit aufwartet, und man auch von der Beinfreiheit in einem mehr als fünf Meter langen Auto grundsätzlich mehr erwarten könnte. Doch auch hier gibt es eine Lösung in Form der 25 Zentimeter längeren Version mit langem Radstand, die zudem mit einer dritten Sitzreihe angeboten wird.

Und wie wäre es mit einem kleinen Picknick auf der Ladefläche? Bis zu 350 Kilogramm verträgt der untere Teil der Ladeklappe auf dem man es sich mit einer aufklappbaren Sitzbank und kleinen Kissen gemütlich machen kann.

Tolle Fahrleistungen mit 350-PS-Diesel

Für den ADAC Test stand der Range als D350 mit folgerichtig 350 PS zur Verfügung. Wie alle Diesel – es gibt noch einen D250 und einen D300 mit entsprechender PS-Zahl – hat er sechs Zylinder in Reihe und wird von einem kleinen E-Motor unterstützt, ist also ein 48-Volt-Mild-Hybrid. Überbewerten sollte man diese Art der Hybridisierung ohnehin nicht und in einem dicken Range schon gar nicht. Rein elektrisch kann der Geländewagen dadurch nicht fahren, die Arbeit hat nach wie vor der Dieselmotor.

Der setzt sich allerdings gekonnt in Szene. Ein kurzer Druck aufs Gaspedal genügt und der Motor legt nachdrücklich los. Dank 700 Newtonmeter Drehmoment bei 1500 Umdrehungen stellen selbst die Steigungen im Voralpenland keinerlei Herausforderung dar. Der Motor erlaubt sich höchstens ein dezentes Grummeln und wuchtet die Fuhre souverän und unangestrengt gen Horizont. Wenn es sein muss, sogar in gut sechs Sekunden auf Tempo 100, die Spitze liegt bei 234 km/h. Auch die Durchzugswerte können sich sehen lassen. Von 60 auf 100 km/h geht es in knapp vier Sekunden, von 80 auf 120 km/h beschleunigt der Engländer in 5,0 Sekunden, wie der ADAC gemessen hat.

Dabei legt der Sechszylinder eine gute Laufkultur an den Tag. Man spürt ihn zwar durch ganz leichte Vibrationen, insgesamt sind diese aber gering und daher in keiner Weise störend. Unter Last ist der Turbodiesel über dezentes, aber sonores Grummeln zu hören. Die Achtgang-Automatik liefert ZF zu, im Range Rover ist sie gut auf Motor und Fahrzeug abgestimmt. Die Geschmeidigkeit und bei Bedarf Schnelligkeit der Schaltvorgänge ist einwandfrei.

Ein 2,5-Tonner ist kein Sportwagen

Das Fahrwerk des Range Rover ist sicher abgestimmt, allerdings machen sich der höhere Schwerpunkt und das enorme Gewicht bemerkbar, zumal sehr hohe Komfortansprüche ebenso im Lastenheft standen. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass der Geländewagen bei schnellen Lenkmanövern sowie beim Beschleunigen und Bremsen gewisse Aufbaubewegungen zeigt, die aber dank eines Wankausgleichs vergleichsweise moderat ausfallen und daher unkritisch sind.

Der Geradeauslauf ist gut, Spurrinnen oder Fahrbahnverwerfungen beeindrucken den Range Rover kaum. Insgesamt ist die Kurvenfreudigkeit für ein so schweres Auto nicht schlecht, die Allradlenkung hilft hier spürbar. Im ADAC Ausweichtest fällt die Abstimmung des ESP auf, die strikt auf Sicherheit ausgelegt ist. Im Grenzbereich wird der Range Rover erheblich abgebremst, um den gewünschten Kurs zu halten. Das ist sicher, aber alles andere als dynamisch. Da der feine Brite klar auf Komfort getrimmt ist, kommt eine um die Mittellage wenig empfindliche Lenkabstimmung zum Einsatz. Man hat ein gutes, wenngleich deutlich entkoppeltes Lenkgefühl.

Der Range ist eben eher ein luxuriöser Gleiter für Genießer, in dem man über dem Geschehen auf seinem Hochsitz thront. Und man ertappt sich schnell bei der Frage, was denn eigentlich die ganzen anderen Spielzeugautos auf der Straße wollen. Dank Luftfederung scheint der Range über der Straße zu schweben und die Fahrgeräusche werden so gut gedämmt wie in kaum einem anderen Fahrzeug. Durch Gegenschall aus dem Lautsprecher wird auch noch das geringste Abrollgeräusch eliminiert, so dass in den meisten Fahrsituationen eine angenehme Stille herrscht. Zumindest bis Autobahn-Tempo, wenn dann doch die ein oder anderen Windgeräusche ein leises Säuseln bescheren.

Zugpferd: Range Rover mit 3500 kg Anhängelast

In jedem Fall freut man sich auf die große Reise im Range Rover. Gern nimmt die Kundschaft auch einen Pferdeanhänger oder ein Boot an den Haken: 3500 Kilogramm Anhängelast und serienmäßiger Allradantrieb sind beste Voraussetzungen für ein Leben als Zugfahrzeug. Und im Gelände hat der Range ohnehin gute Karten: Achssperren, verschiedene Fahrprogramme, tolle Bodenfreiheit und geringe Karosserieüberhänge lassen den Allradler fast überall durchkommen.

Abgesehen von diesen praktischen Eigenschaften darf man sich aber dennoch die Frage stellen, ob so ein Riese heute noch zeitgemäß ist. Schließlich geht der Geländewagen nicht gerade zimperlich mit den Ressourcen um: Im ADAC Ecotest schluckte er 8,7 Liter Diesel je 100 Kilometer, ein hoher Wert, der sich bei entsprechender Fahrweise noch spielend leicht nach oben treiben lässt.

Dank Mildhybridsystem und aufwendiger Motortechnik hat der Antrieb aber dennoch ein erstaunliches Effizienz-Potenzial. Wenn man mit Landstraßentempo ruhig dahinfährt und nur wenig beschleunigen muss, kann der Durchschnittsverbrauch sogar unter sechs Liter sinken. Angesichts von Luxus, Größe und Gewicht des Range Rovers ein beeindruckender Wert.

Bei der Abgasreinigung ist der Range Rover auf Höhe der Zeit, sie funktioniert in allen Lebenslagen einwandfrei und effektiv: Alle Schadstoffgruppen sind weit unter den Grenzwerten, egal ob innerorts, außerorts oder auf der Autobahn.

Wer sich für die Benziner erwärmt (400 und 530 PS), dürfte wohl erheblich mehr verbrauchen. Zwar gibt es auch noch zwei Plug-in-Hybride (P440e und P510e) mit einer relativ großen Batterie mit 31,8 kWh, doch auch hier dürften Sparwunder ausbleiben und die angegebenen Werte von 30 kWh Strom und 0,9 Liter Super auf 100 Kilometer sehr theoretische sein.

Gespannt sein darf man auf das Jahr 2024: Dann soll der Range Rover zusätzlich als reines Elektrofahrzeug angeboten werden. Ob er dann bei geschätzten 3,2 Tonnen Leergewicht „grüner“ unterwegs ist? Wir sind gespannt. Bis dahin schätzt der Hersteller, dass sich ein Großteil der Kunden für den V8-Benziner (ab 154.800 Euro) entscheiden werden. Wie gesagt, auf den Euro kommt es hier eben nicht an.

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