Range Rover D350: Test, Diesel, SUV, Allrad
Range Rover, das steht für Offroad-Kompetenz. Als D350-Diesel ist der Super-4×4 zudem noch eleganter Reise-Experte und Hightech-Held. Der mächtige Luxus-Range der Serie L460 im Test!
Außerordentlich vielseitige Autos gibt’s reichlich. Typen, die wie Gemsen durchs Gelände hüpfen, dennoch keine lahmen Enten sind (vom Schlage Porsche Cayenne also). Oder: Modelle, die bescheiden wie Spatzen vom Sprit nippen, darüber hinaus aber auch stark wie Bären rüberkommen (so wie dicke Diesel-Limousinen). Auch sind ausgewachsene Arbeitselefanten mit feinsten Manieren keine Seltenheit (der VW Multivan wäre so einer).
Doch dann ist da dieser Range Rover L460 D350. Ein Wesen, das sämtliche dieser Tugenden gekonnt mixt und meistert, das Paket besonders feinflächig und absolut knitterfrei verpackt, dabei alles, was drin liegt, in flauschigen Schaumstoff bettet und das Ganze noch mit einer Schleife aus Samt umwickelt. Wir behaupten hier mal: Kein anderer XL-Offroader bewältigt Alltagsanspruch, Fernreisestress, Geländequal und City-Terror so gediegen und würdevoll wie dieser Riese aus GB.
Gewagte These? Erklärung folgt! Plus einige kleine Schrullen. Doch so viel vorab: Die wollen wir dem Range Rover gerne verzeihen – ohne wäre es schließlich kein „echt“ englisches Auto.
Walnussholz, Aluminium und Anilinleder, dazu XL-Displays
Wir nehmen Platz und staunen: Anilinleder satt, Walnussholz hübsch, Doppelnähte fein – gleichzeitig „modernisieren“ die beiden großen Displays diese traditionell-edle Einrichtung. Das ist elegant erdacht und vor allem liebevoll montiert und klapperfrei ins Auto gesetzt.
Ebenfalls hervorragend: Der Fahrer kann sein variables Display auch klassisch mit Rundinstrumenten bestücken. Der Hauptbildschirm in der Mittelkonsole beherbergt die allermeisten Funktionen des D350, hinter unzählbaren Digital-Kacheln verstecken sich Einstellungsmöglichkeiten für Fahrzeug und Multimedia, schlummern Modi für Fahrhilfen und Betriebsinfos. Unsere bedingungslose Empfehlung hier: Bitte die Bedienungsanleitung gewissenhaft studieren!
Schade zudem: Das Display hat Range Rover tief montiert; um die Icons in der rechten Hälfte zu erwischen, muss man sich als Fahrer arg strecken und aus seiner Lehne herauslösen.
Trost kommt aus den Sitzen. Auch wenn die Verstellung (teils über das Menü) unnötig kompliziert geraten ist – bequemer kann man kaum thronen. Die großen Sessel mit schmusiger Unterfütterung der Bezüge und passgenau gefertigtem Unterbau stützen bestens, ohne zu sportlich zu klemmen. Das gilt auch für die Außenplätze in der zweiten Reihe. Achtung: trotz automatischer Höhenabsenkung der Karosserie müssen sich Einsteiger recken, um ins Auto zu gelangen.
Das Kamerasystem: spektakulär
Dafür genießt der Fahrer eine unerwartet sorglose Übersicht, peilt über die kantige, fast horizontal stehende Haube hinweg auf das Verkehrsgeschehen. Gleichfalls hilft ein spektakuläres Kamerasystem, das über fünf Meter lange Schiff in noch so kleine Nischen zu bugsieren. Anhängerdeichseln ortet der Range Rover ebenso zuverlässig per Videounterstützung und hilft optional beim Rangieren, indem der Drehregler in der Mittelkonsole wie bei einer Fernsteuerung die Lenkung übernimmt – ein enorm hilfreicher Spaß.
Genauso durchdacht werkeln sämtliche Fahrhilfen mit. Dabei unterstützt die Technik sowohl Offroad-Ausflüge (z. B. über Höhenkorrektur der Luftfederung oder auch über die Beobachtung der Wassertiefe beim Waten – 90 Zentimeter sind hier möglich) als auch dynamische Manöver.
Das ESP lässt beim Ausweichen nichts anbrennen, die Wankstabilisierung hält die englische Burg auch im Sturm zügig gefahrener Wechselkurven nahezu aufrecht, Traktion liefert das von aktiven Differenzialen unterstützte Fahrwerk sowieso überall und immer.
Tempo kann der mächtige Range auch
Tempo kann der 350er natürlich auch, die 700 Newtonmeter Drehmoment des V6-Biturbodiesels haben trotz über 2,7 Tonnen Leergewicht letztlich kaum Schwierigkeiten, den Boliden auf Tempo zu wuchten.
Jetzt kommt das Erstaunliche an der Angelegenheit: IMMER wirkt der Range beruhigend mühelos. Eine Menge vom souveränen Fahrgefühl sickert dabei aus der Federung des D350 HSE. Der große Kerl knabbert feine Unebenheiten genauso in sich hinein, wie er derbe Wellen trocken wegschluckt. Niemals fühlt er sich bei aller Nachgiebigkeit auf der Straße schaukelig oder verschwommen an.
Der Range murmelt leise beim Beschleunigen, seine Automatik sortiert mit unerschütterlicher Ruhe die Gänge, das Lenkgefühl – bei langsamer Fahrt verbindlich leichtgängig, unter Tempo dann spürbar strammer – passt trotz wenig Feingefühl bestens zu dem großen SUV.
Auch das kraftarme Pedalempfinden beim Bremsen schlägt in diese Kerbe. Alles fließt, alles läuft geschmeidig, hat eine coole Stille. Die Antriebstechnik und das Fahrwerk liegen unter Wattelagen und Dämmschichten, nichts im Betrieb kantet oder läuft sperrig. Selbst der Getränkehalter in der Mittelkonsole umfasst Dosen über drei kleine Gummi-Luftkissen, hält sie spiel- und klapperfrei aufrecht.
Kurz: Dieses Auto kümmert sich um Passagiere und Pepsi gleichermaßen umsichtig. Eine wohlhabende Stimmung macht sich breit, dickes Danke nach GB!
Ab 200 km/h wird der Range Rover laut
Allerdings: Zu schnell darf der Rover nicht rennen. Bei Tempo 200 aufwärts fiept und scharrt der Fahrtwind unflätig am Fensterrahmen, die großen Außenspiegel lassen es ebenfalls kräftig fauchen und stimmen ins Grundrauschen der gigantischen 22-Zoll-Räder ein. Kurz: Unter Volldampf wird’s laut. Schlecht? Lösbar. Fuß vom Gas. Denn bei Tempo 150 fühlt der 350 sich wohl, trinkt kaum zweistellige Dieselmengen.