Der CX-60 stellt sich der Konkurrenz

Mazda tanzt gern aus der Reihe – dieses Mal passenderweise mit einem Reihensechszylinder-Diesel im noch taufrischen Mittelklasse-SUV Mazda CX-60. Kann der unkonventionelle Japaner die etablierte Vierzylinder-Konkurrenz in Form von BMW X3, Seat Tarraco und Volvo XC60 im Vergleichstest überholen?

BMW X3, MAZDA CX-60, SEAT TARRACO & VOLVO XC60 IM VERGLEICHSTEST

Aller Anfang ist schwer – das musste auch der japanische Hersteller mit dem Erstaufschlag des neuen Topmodells Mazda CX-60 im Test der AUTO ZEITUNG feststellen. Besonders das Fahrverhalten der Plug-in-Hybrid-Variante konnte nicht überzeugen. In Japan nahm man die konstruktive Kritik an und schicken nun wenige Monate später einen mild-hybridisierten Diesel nach. Mit Allradantrieb leistet der Reihensechszylinder ordentliche 254 PS (187 kW). Da muss die Konkurrenz des Vergleichstests – zumindest auf dem Papier – passen: BMW X3, Seat Tarraco und Volvo XC60 setzen auf rund 200 PS (147 kW) starke und zwei Liter große Vierzylinder, die ihre Kraft jeweils ebenfalls an alle vier Räder abgeben. Weitere Gemeinsamkeiten: Einstiegspreise jenseits der 50.000 Euro und über 4,70 Meter Länge

KAROSSERIE: VOLVO XC60 MIT UMFANGREICHER SICHERHEITSAUSSTATTUNG

Die größte Außenlänge im Vergleichstest liefert der Mazda CX-60, was aber nur wenig über das Platzangebot aussagt, denn in Japan spendiert man dem Antrieb einen großen Vorbau samt langer Motorhaube. Das sorgt für eine durchwachsene Raumökonomie. Vorn geht es luftig zu, im Fond kneift es trotz großer Innenbreite allerdings vergleichsweise schnell. Das kann die Konkurrenz fast durchweg besser. Besonders der Seat Tarraco präsentiert sich im hinteren Abteil dank dünner Türverkleidungen luftig und bietet optional sogar zwei zusätzliche Sitze im Kofferraum an. Die stets fünfsitzigen BMW X3 und Volvo XC60 kontern mit klassischen Tugenden. Sowohl der Bayer als auch der Schwede gefallen mit ihrer Solidität und den besten Materialien. Ihr Platzangebot ist nicht üppig, aber es engt auch nirgends ein. In puncto Karosseriequalität geben sich Seat Tarraco und Mazda CX-60 hemdsärmeliger. Das macht sich besonders auf schlechten Pisten bemerkbar, doch dazu später mehr.

Geht es um die Transportqualitäten, patzt kein Kandidat im Vergleichstest, aber die Stärken sind jeweils unterschiedlich. Der Volvo XC60 hat zwar das kleinste Ladeabteil, gefällt aber mit einer topfebenen Ladefläche bei umgelegten Rücksitzlehnen. Der BMW X3 sammelt mit der höchsten Zuladung Punkte, während der Seat Tarraco sowohl das größte Minimal- als auch das größte Maximalvolumen bietet. Zudem besitzt er als Einziger eine verschiebbare Rückbank – und das serienmäßig. Der Mazda CX-60 liegt stets auf Augenhöhe mit der Konkurrenz, ohne aber eigene Bestmarken bei Transport oder Variabilität zu setzen. Keine Blöße geben sich die Probanden in Sachen Sicherheitsausstattung. Ein Extra-Lob verdient sich hier einer der Senioren im Feld: Trotz seines Alters von mittlerweile sechs Jahren wird der Volvo XC60 dem Image der Marke mit der umfangreichsten Sicherheitsausstattung immernoch gerecht. Die Abstimmung der Assistenzsysteme kann bei allen überzeugen. Ab und an wirkt der Mazda CX-60 allerdings übervorsichtig, was zu ungewollten Bremsmanövern führen kann. Abhilfe schafft die Reduzierung der Sensitivität der Frontüberwachung.

FAHRKOMFORT: BMW X3 BEEINDRUCKT DURCH KAROSSERIE

Dass Mittelklasse-SUV gern das „S“ für Sport großschreiben, unterstreicht die jeweilige Konfiguration der Autos im Vergleichstest. Der BMW X3 fährt mit M Sport Paket vor, der Seat Tarraco hüllt sich in die sportive FR-Ausstattung, und der Mazda CX-60 mimt bereits ab Werk den dynamischen Sparringspartner. Einzig der Volvo XC60 nimmt sich vornehm zurück – er ist allerdings auch nur mit der serienmäßigen Federung ausgestattet. Die flauschige Luftfederung gibt es aber optional. Deutlich stärker wirken sich die kaum Kontur bietenden Standard-Sitze auf die Bewertung aus – Seitenhalt? Fehlanzeige. Auch BMW schickt den X3 mit einfachen Sitzen ins Rennen, verzichtet gar auf eine Lordosenstütze. Dank guter seitlicher Unterstützung fällt dies aber weniger ins Gewicht. Auf der Teststrecke zeigen die Probanden schließlich ganz unterschiedliche Qualitäten. Der BMW X3 ist erwartungsgemäß straff, wirkt aber keineswegs unkomfortabel. Vielmehr beeindruckt er mit seiner Karosseriequalität: Der Aufbau lässt die Fahrwerkskomponenten einfach ihren Job machen. Die Federn und die adaptiven Dämpfer quittieren das mit einer sauberen Abstimmung. Empfehlung für höhere Geschwindigkeiten: Im Sportmodus mit härterer Dämpfer-Einstellung pariert der Bayer grobe Verwerfungen nochmals besser.

Von ganz anderem Naturell gibt sich da der Mazda CX-60. Seine Karosserie ist deutlich weniger steif und verwindet sich bereits bei kleinsten Unebenheiten. Die im ersten Vergleichstest kritisierte unterdämpfte Hinterachse ist auch dieses Mal an Bord. Aber ohne die Last der schweren Plug-in-Hybrid-Batterie auf der Hinterachse bessert sich der Fahrkomfort – wenn auch nur geringfügig. Es bleibt damit der Eindruck, dass dem CX-60 ein wenig mehr Feinarbeit bei der Abstimmung guttun würde. So bewegt er sich weiterhin straff, an der Hinterachse aber mit großen Aufbaubewegungen über schlechte Untergründe. Der Seat Tarraco ist zwar ebenfalls straff und gibt auch gern Impulse in die Karosserie weiter, zeigt aber weniger starke Karosseriebewegungen. Trotz großer Räder bietet der Spanier – auch dank des adaptiven Fahrwerks – einen angemessenen Restkomfort. Der Volvo XC60 folgt in dieser Kategorie unauffällig und macht beim Federungskomfort das Beste aus seinem technisch einfacheren Set-up. Nervig sind hier die starken Windgeräusche rund um A-Säule und Außenspiegel.

MOTOR/GETRIEBE: MAZDA CX-60 ÜBERRASCHT MIT SEINEM VERBRAUCH

Durch die Brennräume des 3,3 Liter großen Sechszylinder-Diesels fließt – und das ist durchaus eine Überraschung – weniger Treibstoff als bei der kleinvolumigeren Konkurrenz: Der Mazda CX-60 e-Skyactiv D 254 genehmigt sich auf der Normrunde sparsame 6,3 Liter – im Vergleichstest der Bestwert trotz höchster Leistung. Um die Leistung genießen zu können, ist allerdings ein strammer Bleifuß empfehlenswert, denn „untenrum“ verhaspelt sich das Mazda-Getriebe gern mal bei der Schaltarbeit, und der Antrieb verheimlicht dann nicht nur akustisch seine Potenz. Einmal in Schwung, etwa auf der Autobahn, entfacht der Reihensechser sein volles Potenzial. Wo die Vierzylinder der Konkurrenz akustisch vernehmbar ihre Turbos um Hilfe bitten, schnauft der 3,3 Liter große Turbodiesel-Selbstzünder im CX-60 noch einmal genüsslich durch. Die Fahrleistungen bestätigen den subjektiven Eindruck, dass den Vierzylindern bei steigendem Tempo die Puste ausgeht.

An den Getriebe-Komfort der BMW X3 xDrive20d-Automatik reicht keiner der Konkurrenten heran. Der mit Schaltwippen ausgestattete Testwagen findet stets den richtigen Anschluss, quält sich aber auch mit dem kraftlosen Antrieb rum. Als Einziger mit Doppelkupplung im Vergleichstest nimmt der Seat Tarraco 2.0 TDI 4Drive eine technische Sonderrolle ein, kann aber in diesem Punkt annähernd mit dem Volvo XC60 B4 AWD mithalten. Einmal mehr gibt sich der Schwede im besten Sinne unauffällig. Dank seines großen 71-Liter-Tanks sind trotz des höchsten Verbrauchs vierstellige Reichweiten möglich. Die auf 180 km/h limitierte Höchstgeschwindigkeit fällt angesichts der zähen Leistungsentfaltung bei Autobahntempo weniger stark ins Gewicht als bei potenteren XC60-Modellen. Der Kapitelsieg geht nach Bayern – obwohl der Mazda CX-60 den gelungeneren Motor hat. Entscheidend ist am Ende das deutlich besser abgestimmte Getriebe des X3.

FAHRDYNAMIK: BMW X3 MIT TOP-FAHRVERHALTEN

Der Mazda CX-60 e-Skyactiv D 254 kann das Mehr an Leistung auf dem Handlingkurs in die beste Zeit ummünzen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Da wäre zum einen seine Lenkung mit starkem Rückstellmoment und zum anderen das diffizile Verhalten im Grenzbereich. Trotz seines Allradantriebs überrascht der Japaner mit der Abstimmung seiner Hinterachse, die dem Heck ein überraschendes Eigenleben verleiht. Auch das ESP ist nicht immer eine verlässliche Hilfe, weil es das „lose“ Heck mitunter nicht in die Spur zurückholt. Ohne Fehl und Tadel präsentiert sich dagegen seine Bremsanlage, die durchweg Bestwerte abliefert. Während der Volvo XC60 B4 AWD einen Bogen um engagierte Fahrdynamik zu machen scheint und voll auf Gemütlichkeit setzt, wetteifern BMW X3 xDrive20d und Seat Tarraco 2.0 TDI 4Drive hinter dem schnellen Mazda um die Fahrdynamik-Krone. Der X3 ist dabei ein typischer BMW: Frei von Tücken setzt er Befehle so um, wie man es sich vorstellt. Besonders beim Einlenken gefällt der Bayer mit einer rückmeldefreudigen Lenkung. Einzig die fehlende Motorleistung verhindert im Vergleichstest eine bessere Handlingzeit.

Schneller ist hier der Seat Tarraco, der nicht nur zehn PS (sieben kW) mehr, sondern auch rund 100 Kilogramm weniger Gewicht in die Waagschale wirft. Die sehr leichtgängige Lenkung unterstreicht den leichtfüßigen Eindruck, den der Spanier beim Kurvenräubern hinterlässt. Schade, dass die Sitzposition so gar nicht zum dynamischen Bild passen will – im Seat sitzt man eher auf als im Auto. Was bei Mittelklasse-SUV, die gern von Familien gekauft werden, wichtig ist, liefern BMW X3, Seat Tarraco und Volvo XC60 ohne Wenn und Aber: Fahrsicherheit. Auch wenn der Mazda CX-60 mit Sechszylinder-Diesel besser fährt als mit Plug-in-Hybrid-Antrieb, muss er sich weiterhin das kritische Fahrverhalten im Grenzbereich vorwerfen lassen. An der Stelle des Vergleichstests haben derartige Überraschungen einfach nichts zu suchen.

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