FAHRBERICHT: MAZDA CX-60 E-SKYACTIV D 200
Während die Automobilindustrie den Diesel ins Jenseits schickt, packt Mazda einen solchen Reihensechszylinder samt Mild-Hybridmodul in das Mittelklassen-SUV Mazda CX-60 e-Skyactiv D 200. Ist das nur eine Marotte oder steckt ein erfolgversprechendes System hinter dieser Entscheidung? Wir haben es herausgefunden.
Japaner sind eigentlich Meister des Understatements. Doch beim CX-60 e-Skyactiv D 200 legen sogar die Asiaten ihre Zurückhaltung ab. „Inline 6“ prangt stolz auf dem vorderen Kotflügel des Crossovers, also ein Reihensechszylinder, in diesem Fall ein Diesel mit einem Hubraum von 3,3 Litern. Klingt verheißungsvoll. Zumal Mazda mit diesem neuen Motor einmal mehr gegen den Strom schwimmt. Doch jeder, der sich auf ein brutales Drehmoment über ein breites Drehzahlband mit entsprechendem Punch freut, muss die Erwartungen etwas herunterschrauben. Auch wenn Mazda bei den Antrieben gerne einen eigenen Weg geht, steht eine Prämisse über allen anderen: eine möglichst große Effizienz.
Das ist beim Plug-in-Hybrid-Bruder Mazda CX-60 PHEV so und ist beim neuen Triebwerk nicht anders. Im Vergleich zum bisherigen 2,2-Liter-Diesel-Vierzylinder bleibt technisch gesehen, kein Stein auf dem anderen. Beim Reihensechszylinder erfolgt die beiden Einspritzungen mit einem Druck von 2.500 bar, kurz nach dem oberen Totpunkt des Kolbens und ist deutlich kürzer. Mit der Erhöhung des Einspritzdrucks, der Veränderung des Zeitpunkts und der der Dauer ist es beim neuen Brennverfahren DCPCI (Distribution Controlled Partially Premixed Compression Ignition) nicht getan. Damit dieses Kunstgriffe die volle Wirkung erreichen, mussten die Techniker auch bei den Kolben und beim Brennraum Hand anlegen, bei dem ein zweistufiger eiförmiger Kolbenboden das Luft-Kraftstoff-Gemisch innerhalb der Kolbenmulde in zwei Bereiche aufteilt, was über einen größeren Betriebsbereich zu einer effizienteren Verbrennung führt. „Wir erzeugen so ein mageres und homogenes Gemisch, dass wir schneller und zum richtigen Zeitpunkt verbrennen. Das Resultat sind eine höhere Effizienz und weniger Emissionen“, fasst Motorenentwickler Heiko Strietzel das Maßnahmenpaket zusammen, das den Motor auch fit für die Abgasnorm Euro 7 machen soll.
Garniert wird der Selbstzünder mit einem in das Getriebe integriertes 48-Volt-Hybridmodul mit 12,4 kW / 17 PS, einem Drehmoment von 154 Newtonmeter und einer Batterie mit einer Kapazität von lediglich 0,33 Kilowattstunden. Ungewöhnlich. „Es geht um Kompaktheit und Effizienz. Da reicht uns diese Größe“, erklärt Heiko Strietzel. Diese Prämissen sind auch der Grund, warum die japanischen Ingenieure bei der neuen Achtgangautomatik keinen klassischen Drehmomentwandler mit Überbrückungskupplung nutzen, sondern ein eigens konstruiertes Getriebe mit einer elektronisch kontrollierte Mehrscheiben-Nasskupplung.
Grundsätzlich klappt das Zusammenspiel der Antriebskomponenten gut. Allerdings ruckelt es hin und wieder, sobald sich der Verbrennungsmotor zuschaltet. „Wir arbeiten dran und werden das mit einem Software-Update ausmerzen“, verspricht Heiko Strietzel. Unterm Strich bringt der Antriebsstrang 147 kW / 200 PS und ein maximales Drehmoment von 450 Newtonmeter auf die Hinterachse. Also leidet der CX-60 e-Skyactiv D 200 nicht an Muskelschwund, er setzt die Kraft nur anders ein. Wer mehr Schmalz und einen Allradantrieb will, muss die stärkere Version des Diesels ordern, die 187 kW / 254 PS leistet und in ein paar Wochen beim Händler steht. Wer nicht warten will, kann sich gleich auf den Weg ins Autohaus machen.
Solange man mit sanftem Gasfuß unterwegs ist und die Drehzahl nicht über 2.500 Umdrehungen steigt, benimmt sich der Selbstzünder sehr zivilisiert und die Kraft reicht locker, um im Verkehr mitzuschwimmen. Nur wenn man sich das Triebwerk mit einem beherzten Tritt auf das Gaspedal zur Brust nimmt, macht der Diesel aus seiner Anstrengung akustisch keinen Hehl. Dennoch geht es dann engagierter voran, ohne dass einen die Urkraft des Vortriebs in die Sitze drückt. Ein Brutalo-Punch schaut anders aus. Die Stärke des Mazda CX-60 e-Skyactiv D 200 ist die Langstrecke nicht der Sprint.
Dementsprechend sind auch die Beschleunigungswerte: Nach 8,4 Sekunden ist aus dem Stand die 100-km/h-Marke erreicht, maximal schafft der CX-60 e-Skyactiv D 200 exakt 212 km/h und Mazda verspricht einen WLTP-Verbrauch von fünf Liter pro 100 km/h. Wir schafften auf einer Testfahrt, die uns über Autobahnen, kurvigen Berg- und Landstraßen führte, einen Durchschnittsverbrauch von 4,58 l/100 km. Allerdings waren wir zumeist sehr zurückhaltend unterwegs. Bei zurückgeschraubten Energiebewusstsein waren es dann realistischere 5,7 l/100 km, was immer noch ein sehr ordentlicher Wert ist. Damit möglichst viel Treibstoff gespart werden kann, schaltet das System den Motor ab und schaufelt bei Bedarf Energie in die Akkus.