Volvo C40 Recharge Pure Electric im Test: Komfort pur
Rund zwei Tonnen bringt der Volvo C40 Recharge Pure Electric auf die Waage. Aufgrund dieses hohen Gewichts liegt er gepaart mit einer guten Abstimmung und zahlreichen Assistenzsystemen wie ein Schienenfahrzeug auf der Straße. Das hat allerdings Auswirkungen auf den Verbrauch, wie unser Test zeigt.
SUV-Coupés finden in Deutschland immer mehr Anhänger. Wir haben aus dieser vollständig elektrifizierten Fahrzeugkategorie unter anderem schon den Polestar 2 (Test) und den Audi e-tron Sportback S line (Test) auf die Probe stellen dürfen. Jetzt gesellt sich mit dem Volvo C40 Recharge Pure Electric ein weiteres Modell mit flach nach hinten abfallenden Dach dazu. Rund 500 Kilometer haben wir den Stromer durch den Stadtverkehr, über Landstraßen und über Autobahnen gescheucht; und dabei einen ähnlich hohen Fahrkomfort erlebt wie beim Volvo XC40 Recharge Pure Electric (Test).
Heißt: Wer im Volvo C40 Recharge in der von uns getesteten Ultimate-Ausführung Platz nehmen darf, wird sich rasch wohlfühlen. Denn bei Tag fällt durch das riesige Glaspanoramadach angenehm viel Licht ins Innere. Aufgrund einer recht starken Tönung musst du aber nicht befürchten, dass zu starker Sonnenschein für Probleme während der Fahrt sorgt. Alles andere wäre auch unverzeihlich, denn eine Sonnenblende für das Glasdach gibt es anders als beispielsweise im Volkswagen ID.4 (Test) oder dem Aiways U5 (Test) nicht.
Nachts sorgt eine dezente Ambientebeleuchtung für Behaglichkeit. Sie fällt nicht nur hinsichtlich der Helligkeit eher gediegen aus, sondern beleuchtet auch nur einzelne Flächen des Interieurs. Skandinavische Zurückhaltung, die zu gefallen weiß. Die Gänge legst du über einen kleinen (nachts beleuchteten) Schaltknauf ein, daneben ist eine P-Taste zum Aktivieren der elektrischen Feststellbremse zu finden. Auch eine QI-Ladestation nebst zwei USB-Anschlüssen darf natürlich nicht fehlen. Und für Passagiere in der zweiten Sitzreihe stehen zwei weitere USB-Ports für die Versorgung von Smartphones, Tablet PCs oder anderen elektronischen Geräten zur Verfügung.
Platz auf den vorderen beiden Plätzen ist reichlich vorhanden. Im Fond sieht es hingegen ganz anders aus. Insbesondere wenn groß gewachsene Menschen auf Fahrer- und/oder Beifahrerplatz weit nach hinten rutschen, ist die Beinfreiheit hinter den Vordersitzen schnell stark eingeschränkt. Große Menschen werden zudem feststellen, dass das nach hinten abfallende Dach die Kopffreiheit einschränkt. Als Fahrer hat man zudem einen recht stark eingeschränkten Blick nach hinten. Ist man über 1,90 Meter groß, stört zudem die eingeschränkte Sicht durch den Rückspiegel. Man blickt dann mehr auf das Dach als auf den Verkehr hinter dem Fahrzeug.
ANDROID MIT GOOGLE MAPS: HERVORRAGEND!
Gut: Beim Ultimate-Modell sorgt beim Ein- und Ausparken eine 360-Grad-Kamera für viel Übersicht. Sie zaubert eine Rundumsicht auf den 9 Zoll großen Touchscreen, die zuweilen zwar etwas stark verzerrte Bilder liefert, aber trotzdem gut dazu beiträgt, beim Rangieren nicht den Überblick zu verlieren.
Über den Touchscreen lässt sich auch all das nutzen, was Android als vorinstalliertes Betriebssystem bereithält. Besonders hervorzuheben ist hier neben dem Google Assistant für Sprachbefehle auch Google Maps als Navigationssystem. Es liefert nicht nur überraschend präzise Vorhersagen hinsichtlich der zu erwartenden Restreichweite am gewünschten Zielort, sondern auch eine gute Bedienbarkeit inklusive der Möglichkeit, notwendige Ladestopps zu berücksichtigen.
Praktisch ist zudem, bei der Suche nach öffentlichen Ladesäulen nicht nur die Ladegeschwindigkeit filtern zu können, sondern auch Ladestromanbieter wie EnBW (mobility+) oder Shell Recharge. Ist man beispielsweise bei mobility+ angemeldet, spuckt Google Maps nur jene Ladepunkte aus, an denen eine Abrechnung über das EnBW-Angebot möglich ist.
Dass das Kartenmaterial nicht nur über den großen Touchscreen abrufbar ist, sondern auf Wunsch zusätzlich über ein zweites Display hinter dem Lenkrad, sorgt für weiteren Komfort während der Fahrt. Wichtig ist das insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Volvo C40 Recharge grundsätzlich kein Head-up-Display verfügbar ist.
Ebenfalls ein echter Mehrwert ist die zuverlässig und gut funktionierende Geschwindigkeitsregelanlage (Tempomat). Sie lässt sich mit einem Tastendruck am Lenkrad aktivieren und anschließend in 5-km/h-Schritten hoch- und runterschalten. Langes Drücken der entsprechenden Tasten gestattet zudem, die Geschwindigkeit um je 1 km/h anzupassen.
KOMFORTABLES 1-PEDAL-DRIVING MÖGLICH
Mit Blick auf die Rekuperation gilt die Erkenntnis: Eine einzige Stufe muss reichen. Die funktioniert aber so gut und komfortabel, dass sogar entspanntes 1-Pedal-Fahren möglich ist. Das schont die Bremsen und ist einer der vielleicht größten Pluspunkte hinsichtlich des Fahrkomforts. In den Einstellungen ist zudem ein Geländemodus aktivierbar, der etwa bei steilem Gefälle und auf rutschigem Untergrund bei langsamen Fahren für eine bessere Traktion sorgt. Weitere Fahrmodi, zum Beispiel einen Eco-Modus, gibt es hingegen nicht.
Also alles paletti im Volvo C40 Recharge Pure Electric? Fast! Etwas störend ist und aufgefallen, dass der Stromer bei aktivem Tempomat vorausfahrende, abbiegende Fahrzeuge zum Teil zu stark als potenzielle Gefahr interpretiert. Das Fahrzeug wird dann fast bis zum Stillstand abgebremst, obwohl die Fahrbahn längst wieder frei und genug Raum für eine Beschleunigung wäre. Gewöhnungsbedürftig ist zudem, dass der Spurführungsassistent (zu) stark wahrnehmbar Korrekturen bei der sonst angenehm straff abgestimmten Lenkung vornimmt. Für unseren Geschmack so deutlich, dass wir dieses Feature in den Pkw-Einstellungen lieber deaktiviert haben.
Und wer gehofft hatte, dass Android für ein breitgefächertes App-Angebot im Auto sorgt: Nein, das ist nicht der Fall. Zwar stehen Apps wie Spotify, TuneIn Radio oder die ARD Audiothek zur Verfügung, ansonsten ist die Verfügbarkeit von Apps, die man vom Smartphone kennt, aber stark eingeschränkt. Apps mit Bewegtbildern stehen zum Beispiel gar nicht zur Verfügung. Wohl auch, um für nicht zu viel Ablenkung während der Fahrt zu sorgen.
REICHWEITE DES VOLVO C40 RECHARGE PURE ELECTRIC
Die Reichweite des Volvo C40 Recharge Pure Electric mit Single-Motor gibt der Hersteller gemäß WLTP-Norm mit 431 Kilometern an. Wir haben im Test während winterlicher Temperaturen um den Gefrierpunkt auf der Langstrecke mit einer vollständigen Ladung der 69 kWh großen Batterie eine Strecke von knapp 300 Kilometern zurücklegen können. Dabei war die 2-Zonen-Klimaautomatik auf 20 Grad eingestellt und die Reisegeschwindigkeit orientierte sich abseits von Baustellen an der hierzulande üblichen Richtgeschwindigkeit von 130 km/h.
Der Verbrauch lag während vier dokumentierten Fahrten auf der Autobahn im Schnitt bei 26,5 kWh pro 100 Kilometern Fahrstrecke. Auf der Landstraße sank der Verbrauch während sechs Testfahrten spürbar – auf nur noch 21,5 kWh pro 100 Kilometer. Und im Stadtverkehr haben wir während 14 protokollierten Fahrten einen Verbrauch von durchschnittlich 22,7 kWh/100 km gemessen.
Allerdings mit stark unterschiedlichen Messwerten. Denn aufgrund der nasskalten Dezember-Witterung konnten wir deutliche Ausschläge sowohl nach oben als auch nach unten protokollieren. Werden stromfressende Funktionen wie die Heckscheibenheizung oder die Lüftung für die Frontscheibe eingeschaltet, ist man schnell mit einem Verbrauch von 27,5 kWh/100 km unterwegs. Gleichzeitig lässt sich der Verbrauch aber auch auf unter 17 kWh/100 km drücken, wenn man zusätzliche Verbraucher ausschaltet.
LADEGESCHWINDIGKEIT IM WINTER: ES KOMMT DARAUF AN…
In der Spitze ist der Volvo C40 Recharge Pure Electric (2022) an Gleichstrom-Schnellladesäulen mit bis zu 150 kW wiederaufladbar. Eine Ladeleistung, die aber nur unter optimalen Bedingungen erreicht werden kann. Wer mit dem Elektroauto im Winter nach nur wenigen Minuten Fahrzeit an einer Ladesäule parkt, muss (wie bei anderen Elektroautos auch) mit einer deutlich niedrigeren Ladegeschwindigkeit rechnen. Mehr als 75 kW sind dann oft nicht drin. Folge: Eine Aufladung von 23 auf 80 Prozent der maximal möglichen Ladekapazität dauert etwa 45 Minuten.
Blick auf das Heck des Volvo C40 Recharge mit angeschlossenem Ladekabel.
Der Ladeanschluss beim Volvo C40 Recharge Pure Electric ist hinten links zu finden.
Deutlich flotter geht der Ladevorgang über die Bühne, wenn der Akku auf die passende Temperatur gebracht werden konnte. Nach 100 Kilometern Autobahnfahrt konnten wir beispielsweise trotz 0 Grad Außentemperatur eine Ladeleistung von 135 kW messen. Und zwar aus dem Stand. Von 10 bis 40 Prozent der maximalen Akkukapazität zeigte der Bordcomputer diese erfreulich flotte Ladeleistung an. Danach fielt die Ladekurve langsam ab. Eine Wiederaufladung von 10 auf 80 Prozent dauerte in diesem Fall an einer HPC-Schnellladesäule gerade einmal 28 Minuten.
Um den Lithium-Ionen-Akku zu schonen, sinkt die Ladeleistung über das 400-Volt-System ab einem auf etwa 90 Prozent geladenen Akku übrigens auf nur noch 15 bis 25 kW ab. Ohnehin wird aber empfohlen, den Akku eines Elektroautos nur in Ausnahmefällen auf 100 Prozent zu laden. Oder zumindest langsameres Laden über die verfügbare Dreiphasen-Wechselspannng (AC) zu nutzen.
WAS KOSTET DER VOLVO C40 RECHARGE PURE ELECTRIC?
Kaufst du den Volvo C40 Recharge Pure Electric in der von uns getesteten Ultimate-Variante mit 170 kW (231 PS) starkem Frontantrieb und 69 kWh großer Batterie werden für den Stromer laut Liste 62.430 Euro fällig. Mit an Bord sind dann unter anderem ein Premium-Soundsystem von Harman Kardon, die Parkkamera mit 360-Grad-Umsicht und ein elektrisch einstellbarer Fahrersitz. Extras wie abgedunkelte Seiten- und Heckfenster kosten ebenso einen Aufpreis wie die Metallic-Lackierung (Sage Green).
Auch das Heck des Volvo C40 Recharge zeichnet eine klare Coupé-Silhouette.
Allerdings handelt es sich bei unserem Testauto um eine Modellvariante aus dem Jahr 2022. Der jetzt bereits erhältliche Volvo C40 Recharge Pure Electric des Jahres 2023 steht mit 175 kW (238 PS) und einer dadurch um 20 km/h gesteigerten Höchstgeschwindigkeit (180 km/h) zu einem Preis ab 47.500 Euro zur Verfügung. In der höchsten Ultimate-Ausführung musst du ohne aufpreispflichtige Extras mindestens 59.600 Euro bezahlen. Dann ist aber auch ein größerer Akku (82 kWh) für eine höhere Reichweite verbaut. Mit Allradantrieb werden mindestens 64.050 Euro fällig.
Alternativ steht das Auto auch über das Auto-Abo von Volvo zur Verfügung. Die Basis-Variante Core startet bei 869 Euro pro Monat, das Plus-Modell ist ab 879 Euro monatlich zu haben. Für die Ultimate-Ausführung werden mindestens 919 Euro monatlich fällig. Die Lieferzeit liegt aktuell bei sechs bis acht Monaten.
FAZIT ZUM VOLVO C40 RECHARGE PURE ELECTRIC: KOMFORT AUF GANZER LINIE
Mit dem Volvo C40 Recharge und seiner gelungenen Abstimmung unterwegs zu sein, ist mit Komfort auf ganzer Linie verbunden. Uneingeschränkt gilt das aber nur für Passagiere in der ersten Sitzreihe. Hinten geht es deutlich beengter zu, was der Coupé-Bauform geschuldet ist. Android macht als Betriebssystem insbesondere hinsichtlich Google Maps als Navigationslösung Laune, das grandiose 1-Pedal-Driving schont nicht nur die Bremsen, sondern ist hinsichtlich des Fahrkomforts nicht nur in der Stadt, sondern auch auf überregionalen Fahrten ein echter Mehrwert.
Schade ist, dass der Verbrauch im Winter recht hoch ausfällt. Und natürlich muss man sich das Fahrzeug bei einem Grundpreis ab 47.500 Euro natürlich auch erst einmal leisten können. Zu gefallen weiß wiederum, dass das Außendesign erfrischend progressiv ausfällt. Es hebt sich angenehm vom SUV-Einheitsbrei am Markt ab. Das insgesamt recht wuchtige Gesamterscheinungsbild muss man aber sicherlich auch mögen. Uns hat es vom ersten Tag an gefallen.